Windows 2003: Ein Kreuzzug ohne Erfolgsaussichten?

Bei der Markteinführung von Windows Server 2003 bringt Microsoft sich selbst richtig in Fahrt, um seine neue Software an den Mann bzw. die Unternehmen zu bringen.

Bei dieser neuen Produkteinführung steht einiges auf dem Spiel. Es geht zwar nicht um einen neuen Kernel wie bei Windows XP oder eine Veränderung des Desktops, aber für die Server-Sparte von Microsoft ist es ein bedeutendes Update. Denn es ist eben dieser Server-Bereich und damit der eigentliche Enterprise-Markt, wo Microsoft sich am meisten verspricht, aber auch merklich auf Konkurrenz stößt.

Falls frühere Einführungen neuer Windows-Versionen ein Indiz sein können, wird es auch diesmal von Seiten Microsofts eine Menge Medienrummel geben. Das Unternehmen wird viel ins Marketing investieren und sich breit darüber auslassen, dass das neue Produkt ein neues Zeitalter einläutet.

Es ist also im Moment nicht die allerbeste Zeit, um mit jemandem von Microsoft zu sprechen, der die Bezeichnung „Missionar“ im Jobtitel führt – aber es ist eben eine Zeit, zu der man von solchen Leuten eine Menge zu hören bekommt.

Ich habe schon früher behauptet, dass es eines Bekehrungsgesprächs bedarf, um CIOs von Microsoft zu überzeugen, und das Unternehmen scheint sich dies zu Herzen genommen zu haben. Im Vorfeld der Produkteinführung schickt es einige Missionare aus: Charles Fitzgerald ist ein .NET-Missionar bei Microsoft. Seine vollständige Job-Bezeichnung lautet „General Manager of Platform Strategy, Microsoft’s Developers and Platform Evangelism Division“, also etwa: „Generaldirektor für Plattform-Strategie von Microsofts Abteilung für Entwickler und Plattform-Evangelisierung“ – eine Beschreibung, die wunderbar Wortgeklingel, religiösen Eifer und den Eindruck einer massiven paramilitärischen Organisation, die berufen ist, die Religion von Microsoft unter den ihr Anvertrauten zu verbreiten, miteinander kombiniert.

Ich habe diesen Menschen kennen gelernt und bin noch tiefer beeindruckt worden – falls das überhaupt möglich ist – von der emotionalen Energie des gesamten Unternehmens, die Microsoft bei seinem Ringen um die Seelen der CIOs investiert.

Es ist schon ein oder zwei Jahre her, seit ich das letzte Mal jemanden mit dem Titel „Missionar“ auf der Visitenkarte getroffen habe. Der professionelle Technologie-Missionar ist ein Kind der Bubble-Jahre vor 2000, als Leute zum Beispiel das Evangelium verbreiteten, wie „cool“ so etwas wie Java sei.

Professionelle Technologie-Missionare sprachen damals mit sanfter Stimme, waren enthusiastisch und benutzten ihre Job-Bezeichnung mit leichter Selbstironie. Simon Phipps war dafür ein gutes Beispiel, als er im Auftrag von IBM von den Segnungen von Java/XML predigte. Man kann sich selbst mithilfe dieser Kolumne über Open Source ein Bild machen, ob er sich seinen Sinn für Proportionen bewahrt hat, seit er „konvertierte“ und zum Technologie-Missionar für IBM wurde.

Technologie-Missionare haben sich gewandelt – zumindest bei Microsoft. Vielleicht weil inzwischen mehr auf dem Spiel steht, denn das Geld liegt nicht mehr auf der Straße. Die Zukunft von Microsoft hängt davon ab, welche Ernte diese Leute einfahren. Wie auch immer, Fitzgerald jedenfalls engagiert sich heftig. Er predigt das Heil durch Produkte, nicht durch Services.

Wenn Fitzgerald davon spricht, CIOs zu retten, dann meint er die Rettung ihrer Budgets. Produkte sind konkrete Gegenstände, die IT-Abteilungen kaufen und benutzen können. Andere Anbieter hingegen machen ihr Geld damit, die Kunden zu langfristigen Beratungsdienstleistungen zu verführen.

Wenn er sich für die Religion von Microsoft stark macht, so tut er dies, indem er die Sünden anderer Religionen verdammt. Und die Todsünde heißt „Services“. In der Welt, in der er lebt, ist Microsoft ein wahrer Hort der Tugend und bietet nur Produkte an, die alle zufrieden stellen. Die anderen Hersteller hingegen drehen einem nur nutzloses Zeug an. Und – was noch perfider ist – sie bauen dabei auf „Services“.

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